Begleittext des Komponisten
Hörspiel−Preis für Ach ja, sagt der Löwe
Das Hörspiel Ach ja, sagt der Löwe hat beim 11. Internationalen
Hörspielwettbewerb in Leipzig den
Preis für das beste Langhörspiel gewonnen!
Ach ja, sagt der Löwe entstand im Winter 2012 / 2013 im Rahmen des Kulturprogramms Mal anders im
Franz Sales Haus Essen. Im Workshop „Hört mal, wer da spielt!” trafen sich die Bewohner Frank Olaf
Buehr, David Eschenbruch, André Eschke, Carsten Groß, Michael Haase, Richard Schulz und Michael Teichert
mit mir und spielten vor dem Mikrophon mit ihren Stimmen und Klängen.
Aus den aufgenommenen Tönen, Liedern und kleinen Geschichten entstand anschließend im Studio eine 23-minütige
Sprach-Klang-Collage im 5.1 Dolby Digital Format.
Dass diese Arbeit beim Leipziger Hörspielwettbewerb so ausgezeichnet wurde, darf alle Beteiligten mit Stolz
erfüllen – wie auch aus der folgenden Begründung der Wettbewerbsjury zu lesen ist:
Jurybegründung
Die Jury mit Sofia Flesch Baldin, Tristan Vostry und Johannes S. Sistermanns begründeten ihre Entscheidung wie
folgt:
"Es war unter allen Einreichungen das Hörspiel, das sich am weitesten aus dem Fenster gelehnt hat. Es hat
etwas riskiert: nämlich die gängigen Hörspielerwartungen zu enttäuschen.
Es kommt von Anfang an ohne eine geschriebene Story aus, ohne herkömmlichen Background-Sound und ohne
professionelle Sprecher. In einer musikalischen Inszenierung sprechen und handeln geistig behinderte Menschen
auf kreative und unvorhersehbare Weise. Das momentan sich in der Aufnahme Zeigende wird konsequent zu Ende
gespielt und schafft einen sinnlich äußerst berührenden Zwischen-Kosmos. Diesen eigens kreierten Hörspiel-Kosmos
muss man sich während des Hörens erschaffen und sich aber gleichzeitig auch in ihm wie wohlvertraut aufhalten,
wie die Akteure.
Ach ja, sagt der Löwe wurde von der Jury als markant, eigenständig, provozierend und mutig beschrieben.
Die Protagonisten treten als berührende Persönlichkeiten und als lustvoll kreative Menschen auf.
Diese Ausgangssituation erschöpft sich aber nicht.
Mathias Wittekopf entwirft, mittels gesteigertem Hören, eine zunehmend selbständig agierende Klanggeschichte.
In dieser Klanggeschichte bleiben die agierenden Personen in ihrer speziellen Konstitution wahrnehmbar und in
ihrer sprachlichen wie musikalischen Äußerung gegenwärtig.
Mathias Wittekopf kreiert einen höchst eigenen Rhythmus aus dem Gesprochenen, setzt Wiederholungen musikalisch,
lässt der sich entwickelnden Emotion fantasievollen Raum und verweist auf nichts anderes als einen assoziativen
Reichtum einer jeweils konkreten wie abstrakten Ebene.
Das Hörspiel oder auch Hörstück kommt nicht als eine gestaltete, behauptete Wahrheit daher, sondern bleibt
immer auch musikalisches Spiel. Die 5.1 ‑ Komposition spielt sich nicht um uns herum ab,
sondern setzt uns in die Mitte des Gesamtgeschehens.
Erfrischend, als Hörer nicht mit einer verbalen Botschaft konfrontiert zu werden, als vielmehr in die
Besonderheit emotionaler Tiefe und assoziativen Denkens der Akteure und der sie umgebenden Klangdetails
eintauchen zu können.
Was das alles ist, was das alles soll und was wir alles damit zu machen gedenken, ist reichlich innere Arbeit
für jeden Hörer selbst."
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